Schlechterwisser VIII: Im Namen der Nächstenliebe
Schlechterwisser VIII: Im Namen der Nächstenliebe

Schlechterwisser VIII: Im Namen der Nächstenliebe

(zum Beginn der Serie)

Quelle: Wikipedia
 

Manche halten vegetarisch nur für einen Trend, einen Spleen der Jugend, der schon bald vergehen wird. Und in der Tat, es sind Trends, die dem zugrundeliegen, aber gewiss keine Modeerscheinungen. Es geht um die großen globalen Basistrends. Und diese werden alles andere als vergehen. Im Gegenteil. Sie werden mit nicht abzusehender Macht auf den Globus einhämmern.

Meine Tochter feiert diesen Monat ihren 18., und während ihrer Lebenszeit ist die Weltbevölkerung um ganze 1,5 Milliarden* auf rund 7,6 Mrd** Seelen angestiegen. Wenn sie mein Alter erreicht, werden wahrscheinlich weitere 2 Milliarden hinzugekommen sein. Solche Zahlen führen zu völlig neuen, nie gekannten Problemen und Konsequenzen, die unsere heimelige Westidylle aus dem letzten Jahrhundert gewaltig aus den Fugen heben. Unsere begrenzten Ökosysteme werden zu einem enormen Überlastungsstress in der Lebensmittelproduktion führen.

Gleichzeitig macht sich ein anderer Basistrend breit: Wir im Westen werden eine Seniorengesellschaft werden, und Senioren, das wissen wir spätestens seit Sokrates, sind nicht gerade für ihre Jugendlichkeit und ihren Veränderungswillen bekannt. Eine Gesellschaft aus alten Knackern und Schachteln, die sich ein Leben lang auf den “wohlverdienten” Ruhestand mit Wohnmobil oder Schrebergarten gefreut hat, wird sich nur schwer das Zepter von jungen Hüpfern entreißen lassen, die obendrein hoffnungslos in der Unterzahl sein werden. Das Heer der Alten wird eine der größten Innovationsbremsen Europas sein, und den Rentnern ist es obendrein egal, dass vom Steak auf ihrem Teller 15 weitere Erdenbürger hätten satt werden können, wäre es eine vegetarische Mahlzeit gewesen. Denn jedes Kilo Rindfleisch frisst 16 kg Getreide, das angebaut, gegossen und geerntet werden muss. Fleisch ist so ziemlich der schlechteste und ineffektivste Nahrungsspender, den man sich für fast 8 Milliarden hungrige Mäuler denken kann.

Ausgelöst durch das Vorbild und die Anstöße unserer Kinder samt Schwiegertochter ernährt unsere sechsköpfige Familie heute durch die Wahl, was wir selbst essen und was nicht, bis zu 90 weitere Menschen auf dem Globus. Das ist eine äußerst angemessene und einfache Form der Nächstenliebe in unserer heutigen Zeit.

Und ich bin schließlich erst 50 und möchte noch so lange flexibel bleiben, alte Gewohnheiten abschaffen und nötige Veränderung zulassen, bis ich völlig verkalkt am Rollator tattere.

(zur Fortsetzung)

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* 1,5 Mrd ist 5 mal so viele Menschen, wie zur Zeit Jesu auf dem ganzen Globus lebten

**7,6 Mrd ist rund 25 mal so viele Menschen, wie zur Zeit Jesu auf dem ganzen Globus lebten