Der Anti-Trumpf
Der Anti-Trumpf

Der Anti-Trumpf

Nun hat Donald Trump also tatsächich das Atomabkommen mit dem Iran gekündigt (schon am 8. dieses Monats). Für mich ist das nur ein weiteres Vorbeben der zu erwartenden globalen Veränderungen. Der Westen, so wie wir ihn kennen, wird aufhören, zu existieren. “America first!” reißt sich mit aller Gewalt aus Staatenverbünden und Verpflichtungen, zeigt der Welt, dass Absprachen und Versprechen nichts wert sind. Wie sich dieses Vorbild langfristig in unseren Gesellschaften auszahlen wird, kann noch keiner sagen. Wir wissen nur, dass auf Amerika, lange der Garant für europäische Sicherheit, absolut kein Verlass mehr ist. Trump trampelt alles kurz und klein.

Mit dem politisch äußerst bedauernswerten Bruch der transatlantischen Zusammenarbeit des Westens macht Trump all jenen versteckten Dämonen ein Geschenk, die in ihren Höhlen schon jahrelang nach Macht und Gewalt geifern und die Zersplitterung des Westens erhofften. Europa wird im Kampf gegen Terrorismus und um seine weltwirtschaftliche Stellung mehr denn je auf sich allein gestellt sein. Man mag von der EU halten, was man will, aber eins ist sicher wie das Amen in der Kirche: Ohne ein starke EU wird es für Europa nur noch steiler abwärts gehen. Doch wie der Brexit und so manche andere Wahl in Europa zeigen, gibt es ja auch hier bei uns genügend Kleingeister, die überzeugt sind, dass Ländlein wie z.B. Ungarn sich groß und stark genug fühlen, es à la Trump ganz alleine mit der weiten Welt aufzunehmen und mit den großen Hunden pinkeln zu können. Doch selbst großen Kötern wie Trump geht bald die Puste aus – wie mag’s dann erst den kleinen Möpsen gehen?!

Missiologisch sehe ich die ganze Sache sehr ambivalent. Einerseits glaube ich, dass es uns im Westen erst deutlich schlechter gehen muss, bevor wir uns wieder zu Gott wenden (etwas mehr dazu im nächsten Blogpost). Zu viel Wohlstand macht bequem und undankbar, wir fangen erst zu beten an, wenn der Rauch aus dem Triebwerk qualmt. Mehr Chaos kann also durchaus die Herzen bewegen. Andererseits ist Donald Trump heute Grund Nummer eins, warum Menschen keine Christen mehr sein, geschweige denn werden wollen. Den weißen Evangelikalen, die Donald zur Macht verholfen haben, sei Dank. Die politische Heuchelei amerikanischer Frömmigkeit, die mit den Kriegen der Bush-Brüder ihren globalen Anfang nahm, wird nun von Trump perfektioniert. Man mag es für ein US-amerikanisches Problem halten, doch europäische Evangelikale glauben an die gleiche Bibel, denselben Jesus. Ob wir es wollen oder nicht, so stehen wir immer in Trumps Schatten.

Unsere einzige Chance ist es, bewusst umso glaubwürdiger zu leben, freilich ohne tollpatschig zu übertreiben. Wenn Trump uns motiviert, unseren Glauben etwas bewusster und echter auszuleben, dann hat Donalds Rattenschwanz vielleicht doch noch irgendwo etwas Gutes.